Reise vom Polarkreis zum Äquator (IX-1)
Während unserer Reise benutzen wir die verschiedensten Verkehrsmittel. In Nordamerika (Kanada und USA) sassen wir rund 15’000 km selbst am Steuer. In Zentral- und Südamerika reisen wir nun mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, sitzen stundenlang auf Pferderücken und paddeln sogar im Einbaum. Busfahren in Ecuador ist ein nervenkitzliges Erlebnis der besonderen Art. Das ganze Transportnetz ist privatisiert und gut ausgebaut. Es existiert jedoch ein harter Konkurrenzkampf zwischen den verschiedenen Gesellschaften. Haltestellen gibt es nur in grösseren Städten. Unterwegs kann man durch Winken ein Fahrzeug anhalten. Da die Fahrer an den Einnahmen direkt beteiligt sind, veranstalten sie regelrechte Rennen um die nächsten Passagiere. So wird trotz ausgezogener Sicherheitslinie und kurvenreicher, verlöcherter Strasse immer wieder überholt. Manchmal „dopen“ sich die übermüdeten Fahrer mit Rum und gekauten Kokablättern. Kreuze am Strassenrand bezeugen die Verkehrsopfer. Es sind deren bedenklich viele. Da ist die Zugfahrt mit der transandinischen Eisenbahn von Alausi nach Riobamba schon gemütlicher, wenn auch nicht weniger abenteuerlich. Bis zur Teufelsnase, einem touristischen Abstecher mit 1000 Metern Höhenunterschied, fahren wir auf dem Dach eines Güterwagens, nicht etwa weil es im Zug keinen Platz hätte, sondern weil man das hier darf. Für einen Dollar kann man sogar ein Kissen mieten, damit man etwas bequemer sitzt. Auf dem Wagendach patrouillieren Händler und verkaufen getrocknete Bananen und Getränke. Da das Wetter kühl wird, wechseln wir später in das Innerer eines Wagen. Plötzlich geht ein Ruck durch den Zug. Ein Wagen ist entgleist. Innert zehn Minuten ist das Rad wieder auf der Schiene. Alles für einen solchen Zwischenfall notwendige Werkzeug wird immer mitgeführt und kommt auch meist zum Einsatz. Ein nächster Halt in einer frischen Aufforstung dauert dann etwas länger. Nach etwa einer Viertelstunde haben alle Bahnangestellten einen Christbaum gefrevelt, die Fahrt kann weitergehen!

Erschienen im Urner Wochenblatt Nr. 10 vom 06.02.2002